Verschiedenheit als Chance und Bereicherung
Mit einer scheinbaren Selbstverständlichkeit eröffnet das Poster: „Es ist normal verschieden zu sein“. Und in der Tat genießen viele Menschen die Verschiedenheit von Gesellschaften, Kulturen und Traditionen, wenn Sie im Urlaub andere Länder besuchen. Oder auf einem Straßenfest, wenn Gerüche von ungleichen Speisen oder unterschiedliche Kleidungen die Örtlichkeit vielfältig machen. Oder bei Musik, Kunst und Kultur, wo eine breite Palette an Ausprägungen als Bereicherung erfahren wird.
Doch solche Unterschiede auszuhalten wird oftmals schwierig, wenn es um Grundwerte menschlicher Existenz geht. Wenn Glauben in unterschiedlicher Art gelebt wird und sich in Glaubensgemeinschaften manifestiert, dann fällt es schwer, die Andersartigkeit auszuhalten. Wenn Hoffnung mal mehr mal weniger stark als Basis des Lebens verstanden wird. Wenn Liebe ganz verschieden in den Alltag des Handelns einbezogen wird.
Auch diese Ausprägungen von Grundwerten als Ausdruck der Individualität des Menschen zu verstehen und sie als Chance und Bereicherung aufzufassen: das ist das Ziel von Ökumene – sei es der christlichen Ökumene oder der umfassenderen Ökumene zwischen den Religionen. Die Basis ist die Annahme der Erkenntnis: „Es ist normal verschieden zu sein: im Werk des Glaubens, in der Standhaftigkeit der Hoffnung und in der Mühe der Liebe.“
Eine frühe Wandmalerei aus den Katakomben zeigt auf, wie diese Verschiedenheit erfahrbar gemacht und gelebt werden kann: in der Agape, der Tischgemeinschaft, sind alle vordergründigen Unterschiede durch das gemeinsame Tun, das Teilen einer Mahlzeit, aufgehoben. Es gibt einen höheren Sinn, eine höhere Macht, die das kleinlich menschliche Denken übersteigt. Das drückt auch das bekannte Zitat aus dem Matthäus-Evangelium aus: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ Die Agape ist ein Weg, den eigenen menschlichen Kreis zu erweitern und Gottes Nähe zu erleben.