Wenn man jemandem glaubt, dann vertraut man ihm. Man geht davon aus, dass dieser jemand einen nicht belügen und betrügen wird, dass er stets die Wahrheit sagen wird und dass er einen aus tiefstem Herzen schätzt und niemals verletzen würde. Freundschaft und Familie leben von dem Glauben, dass wir aufgehoben sind in einer Vertrautheit, die besonders ist.
Soweit so gut. Menschliches Handeln ist aber leider mit Fehlern behaftet. So gern wir makellos und herzensgut agieren würden, so schwer ist dies manchmal in der praktischen Umsetzung. Zahllose Gründe können aufgeführt werden, warum es in der einen oder anderen Situation mit dem selbstlosen Helfen nicht geklappt hat. Wichtig ist: sich von solchen „Rückschlägen“ nicht entmutigen zu lassen und den Glauben an das Gute im Menschen nicht zu verlieren. Denn was wäre die Alternative? Niemandem mehr zu vertrauen und Zweifel zu haben, an allem und jedem? Ein solches Leben wäre fatal, unmenschlich. Denn Menschen brauchen andere Menschen, Freunde und Familie sind überlebenswichtig.
„Schenke mir den Glauben, der die Zweifel bricht.“ Das aktuelle Poster wendet sich mit dieser Bitte sowohl an eine höhere Macht, Gott, als auch an die Mitmenschen. Denn so sehr wir in unserer jeweiligen Gemeinschaft hier auf Erden aufgehen, die weiter greifende Gemeinschaft ist die, die wir durch die Taufe eingegangen sind. Und ist es nicht beruhigend, sich sowohl auf liebe Mitmenschen als auch auf eine höhere Macht verlassen zu können?
Denn niemand möchte allein gelassen werden, nicht dazu gehören. In einer Gemeinschaft fühlt man sich aufgehoben, kann den Anfeindungen des Lebens besser begegnen. Gerade in den Monaten der Pandemie ist uns das Fehlen zwischenmenschlicher Kontakte schmerzlich bewusst geworden. Wir brauchen die Nähe, den Austausch und das Zusammensein mit anderen mehr als wir zu Beginn der Pandemie vielleicht dachten.
„Schenke mir den Glauben, der die Zweifel bricht“ - Zweifel zu haben ist manchmal gut, wenn es darum geht, Entscheidungen zu hinterfragen, die man nicht leichtfertig akzeptieren möchte. In der Grundfrage des Glaubens aber sind Zweifel kontraproduktiv. Denn es geht nicht darum, etwas Gegenteiliges zu beweisen. Es gibt nur ein Entweder – Oder. Wenn ich glaube, kann ich mich aufgehoben fühlen von einer höheren Macht, an die ich mich in allen Situationen des täglichen Lebens wenden kann. Zweifel dagegen bringen Unsicherheit und Einsamkeit.
„Ich glaube, dass ER meine Vorurteile abbauen kann. Ich glaube, dass ER meine Gewohnheiten ändern kann. Ich glaube, dass Er meine Gleichgültigkeit überwinden kann.“ Der Text des Theologen Karl Rahner führt eine Liste von menschlichen Fehlern auf, von denen er hofft, sie mit seinem Glauben an IHN überwinden zu können. Das ist das Geheimnis des Glaubens: im Vertrauen auf Gott die irdischen Fehler und Missstände zu registrieren und zu überwinden.
Die Kraft, allen Zweifeln zu begegnen und mit Zuversicht in die Zukunft zu schauen – das ist ein Geschenk, das jeder annehmen darf.
Text: Ulrike Maria Haak