„Gott sei Dank!“ – ein Ausruf, der universell Erleichterung zum Ausdruck bringt, unabhängig von religiöser Überzeugung. Es ist ein spontaner Dank an jemanden, dem man das gute Gelingen einer Situation zuschreiben möchte. Sei es, dass man eine vermisste Person wieder in die Arme schließen kann, sei es, dass man erkrankte Familienmitglieder oder Freunde wieder begrüßen kann – aus der Tiefe des menschlichen Empfindens löst sich dieser Spruch, der als das kürzeste Dankgebet der Christenheit gelten kann.
Das aktuelle Poster stellt eine fast 700 Jahre alte Darstellung aus der Heiligen Geist Kirche in Wismar in den Mittelpunkt: das „Deo Gracias Fresco“ aus dem Jahr 1326. Dieses in Deutschland einmalige Fresco sollte in der Kirche des Hospitals in Wismar den Schwerkranken, die am Gottesdienst teilnehmen durften, Inspiration, Trost und Heilmittel zugleich sein. „Deo gracias“ oder „Deo gratias“ geschrieben, zeigt es unglaubliche 504 Möglichkeiten, diesen Dank an Gott zu lesen. Ausgehend von der mittelalterlichen Vorlage entwirft der Kalligraph Gottfried Pott eine neue Interpretation des grafischen Rätsels. Im Gegensatz zum Original sind alle Buchstaben individuell anders gestaltet, was die kulturelle Vielfalt der im Dank an Gott vereinten Menschen zum Ausdruck bringt.
Der erste Blick verwirrt, zeigt ein schachbrettartiges Gitter mit elf Spalten und neun Reihen, in denen scheinbar ungeordnet Buchstaben aneinandergereiht sind. Doch eins ist sicher: alle Wege führen von dem Buchstaben D, als einziger Buchstabe allein und in Gold gefasst, aus und enden in einer der vier Ecken, im Buchstaben S. Ein Sinnbild für das Leben, das viele Wendungen und Umwege nehmen kann, Anfang und Ende findet es immer in Gott. Zwischen beiden Polen ergibt sich Raum für vielfältige Lösungswege: die Freiheit haben wir, unser Leben zu gestalten.
„Alle Buchstaben der neun mal elf Felder sind unterschiedlich gestaltet. Sie beziehen ihren Formenreichtum aus der über zweitausendjährigen Schriftkultur, sie möchten den Betrachter in den nichtverstummenden Lobgesang des Dankens einstimmen“, so ein Zitat aus dem Postertext.
Es ist die Gewissheit, dass wir nicht allein sind, sondern aufgehoben in einem universellen, jede Grenze überschreitenden Dank an eine höhere Macht, die Zuversicht, Hoffnung und Ruhe ausstrahlt.
So verschlungen und kompliziert oder unglücklich mein Leben gerade verlaufen mag – Anfang und Ende findet es immer in der Liebe Gottes. Und dafür haben schon die Menschen durch die Jahrtausende hindurch ihm unendlichen Dank gesagt.
Text Ulrike Maria Haak