Toleranz und Dialog
Die feierliche Eröffnung der neuen Synagoge in Mainz im September dieses Jahres hatte eine derartige Resonanz in der Öffentlichkeit, dass die Menschen in langen Schlangen darauf warteten, einmal in die Innenräume dieser außergewöhnlichen Architektur zu gelangen. Das Neue an dieser Synagoge auf deutschem Boden: sie bezieht sich bewusst nicht nur auf das 1938 zerstörte jüdische Zentrum an dieser Stelle und damit auf die Schrecken des Holocaust. Ein Neubeginn soll es werden: neues jüdisches Leben mitten in Deutschland will die Vergangenheit nicht vergessen aber den Blick bewusst in die Zukunft richten.
„Nachbarschaft ohne Vorurteile“, lautet der Titel des neuen Posters der action 365. Es zeigt die Insignien der drei Weltreligionen Islam, Judentum und Christentum dicht beieinander. Die Moschee neben dem jüdischen siebenarmigen Leuchter, das Bild von Jesus am Kreuz scheint beide Bilder zu verbinden. Darüber zu reden, wo es verbindende Elemente zwischen den Religionen geben könnte, ist sinnvoller, als der ständige Versuch, sich in seinem Glauben abzugrenzen. Wir geben nicht unsere Identität auf, wenn wir auf Angehörige anderer Religionen zugehen. In der Begegnung mit Angehörigen anderen Glaubens schärfen wir den Blick für die eigenen Positionen. Ein respektvoller Umgang miteinander bietet die Chance, voneinander zu lernen. Und diese Erfahrungen sind wertvoller als sich zu ignorieren oder gar zu bekämpfen.
„Vertiefen wir, was uns verbindet, überwinden wir, was uns trennt, bewahren wir, was uns unterscheidet“, so das Zitat auf dem Poster. Diese Worte gewinnen gerade in der heutigen Zeit an Aktualität: Nachbarschaft unter dem Zeichen von Toleranz, Dialog und gegenseitiger Wertschätzung, wir brauchen sie gerade auch in Glaubensfragen über konfessionelle Grenzen hinweg. Nicht das Trennende sollten wir betonen, sondern nach Gemeinsamkeiten suchen. Das freundschaftliche Miteinander, das im kleinen Kreis, vor unserer Haustür, beginnt, ist der erste Schritt auf einem Weg zum besseren Verständnis der Weltreligionen. Ohne einen ersten Schritt hat noch niemand ein Ziel erreicht.
(Text: Ulrike Maria Haak)