Von der Würde des Menschen
Es war wie ein nie enden wollendes Sommermärchen: die freundliche Aufnahme von Tausenden von Menschen in Not, zu uns geflüchtet vor Krieg und Zerstörung in ihren Heimatländern. Ein großes Gemeinschaftsgefühl erfasste dieses Land, Hilfsbereitschaft und persönliches Engagement, vom Schüler bis zum Pensionär, jeder wollte beitragen zu diesem großen Projekt, Geflohenen eine neue Heimat in Deutschland zu geben.
Nie zuvor waren sich so viele Deutsche einig, den zu ihnen kommenden Fremden freundlich und im christlichen Sinne zu begegnen. „Als ich hungrig war, habt ihr mir zu essen gegeben. Als ich Durst hatte, bekam ich von euch zu trinken. Ich war ein Fremder bei euch, und ihr habt mich aufgenommen.“ Der Text aus dem Matthäusevangelium bringt die seit vergangenem Herbst herrschende Willkommenskultur in Deutschland auf den Punkt. Allein dies ist schon eine große Leistung und auch im Sinne der Verfassung Deutschlands. Denn der erste Artikel des Grundgesetzes ist von keiner Regierung zu verändern, er unterliegt der sogenannten Ewigkeitsklausel: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“.
Doch die Ereignisse am Silvesterabend in Köln haben einen Umschwung in der öffentlichen Wahrnehmung der Flüchtlingskrise gebracht: unter den Randalierern dieser Nacht waren nachweislich auch junge Asylbewerber und anerkannte Flüchtlinge, vorwiegend aus Nordafrika. Sie haben viel Schaden angerichtet, vor allem für die Mehrheit der Geflohenen, die in Deutschland Ruhe suchen und einen Neustart wagen wollen, die sich für unsere Gesellschaft engagieren wollen.
Denn nicht zuletzt sind es Menschen, die Zuflucht in unserer freiheitlichen Demokratie suchen. Sie sind geflohen vor unmenschlichen Bedingungen in ihren Heimatländern, haben aus Furcht vor Krieg und Zerstörung unter Lebensgefahr unser rettendes Land erreicht. Sie suchen Zuflucht. Und sollten nicht durch die Taten einiger schwarzer Schafe unter ihnen unter Generalverdacht gestellt werden.
Das aktuelle Poster der action 365 bringt die gegenwärtige Lage auf den Punkt: der Willkommenskultur mit Sicherung der nötigsten Bedürfnisse muss die Wahrung der Menschenwürde folgen: ein in Stein gemeißeltes Gesetz (Gestaltung: Gottfried Pott), an das sich jeder in diesem Land halten muss – eine grundsätzliche Vereinbarung, verbindlich auch für jene, die dieses Land zu ihrer neuen Heimat machen möchten.
(Text: Ulrike Maria Haak)