Es ist die Zeit der weiblichen Helden: im Mittelmeer hilft eine deutsche Seefahrerin Flüchtlingen in Not an rettende europäische Ufer – und wird dafür bestraft. Eine sechzehnjährige schwedische Schülerin ruft zur Rettung des Klimas auf – zum Schulstreik jeden Freitag die Woche, und gerät in die Kritik, weil ihre Pläne angeblich nicht so klimaneutral seien wie behauptet. Wer viel wagt, erntet viel Kritik. Greta Thunberg und Carola Rackete sind zu Symbolfiguren des Widerstands geworden. Sie haben verwirklicht, wovon viele nur träumen können: sie haben gewagt, ihre Zukunft aufs Spiel zu setzen – in der Gewissheit, das Richtige zu tun.
„Friede den Menschen auf Erden, die guten Willens sind“ – das aktuelle Poster nimmt sich die Weihnachtsbotschaft zum Thema. Engel verkünden in der Nacht von Jesu Geburt mit diesen Worten von der Ankunft des Retters dieser Welt. Hier sollen nicht Engel mit selbstlosen Mitmenschen gleichgesetzt werden. Aber es gibt sicher viele Menschen, die einen Willen haben, die Welt zum Guten zu wenden – doch nur ein Bruchteil von ihnen wagt es, für diesen Willen zum Guten auch Nachteile in Kauf zu nehmen. Aber genau die wenigen, die es wagen, sie sind es, die friedliche Absichten verbreiten und verteidigen.
Mittlerweile ist es unmodern geworden, für die eigenen Überzeugungen zu kämpfen. Wenn man für seine Überzeugungen eintritt, stellt man sich außerhalb des Mainstreams – man wird unbequem. Wenn man unbequem wird, ist das nicht gut für die reibungslos funktionierende Wirtschaft. Schon die Mitmenschen stört es, wenn Kritik den gewöhnten Ablauf des Alltags stört. Man muss sich auseinandersetzen, Kraft aufwenden, die nicht direkt einem selbst, sondern der Gesellschaft zugutekommt. Schlecht für die persönliche Kosten-Nutzen-Bilanz.
Denn es geht doch allen gut, die Lebenszeit kann immer effektiver verplant werden. Das Meiste herauszuholen, gilt längst nicht mehr nur für Unternehmen, sondern für den eigenen Lebensentwurf. Hier gilt es eine Lanze zu brechen für das Ehrenamt: für Menschen, die nicht nur guten Willens sind, sondern ihren Überzeugungen auch Taten folgen lassen. Ohne Profitdenken, aus idealistischen humanistischen Gründen. Carola Rackete und Greta Thunberg, die moderne Seefahrerin und die schwedische Schülerin: Sie haben den guten Willen, die Welt zum Besseren zu verändern. Aber sie belassen es nicht bei ihrer guten Absicht. Sie lassen Taten folgen. Ihnen gebührt Hochachtung.
„Was ihr für meine geringsten Brüder und Schwestern getan habt, das habt ihr mir getan“, so heißt es im Matthäus-Evangelium. Sich in einer moralischen Verantwortung zu sehen, zu helfen, das ist Nächstenliebe. Weihnachten ist das Fest der Nächstenliebe: Gott hat seinen Sohn als kleines hilfebedürftiges Kind auf die Welt geschickt – Jesus, Retter der Menschheit. Sein Leben ist geprägt von der Liebe zu seinen Nächsten. Die es ihm heute nachtun: sie sollten geschützt, nicht bekämpft werden.
Text: Ulrike Maria Haak