„Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“. Eine der wohl bekanntesten Gedichtzeilen des deutschen Sprachraums. Hermann Hesse schrieb diese Zeile im Mai 1941, nach langer Krankheit genesen, in seinem Gesicht „Stufen“: „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben.“
Kinder stehen am Anfang ihres Lebens. Weihnachten ist für sie der Inbegriff des Sehnens und des Wünschens, der Freude und der Zuversicht. Der Zauber der weihnachtlichen Geschichte brennt sich noch unverfälscht in ihre Herzen. Sie müssen keine strategischen Planungen für die Festtage anstellen, keinen Verpflichtungen nachgehen und keine festlichen Stimmungen künstlich erzeugen. Sie lassen sich einfach auf diese Geschichte ein. Sie lassen sich verzaubern. Und wenn einem Erwachsenen noch eine Freude bleibt, so ist es die Freude beim Anblick eines Kindes im Schein der göttlichen Weihnachtsgeschichte.
Die kleine Familie im Stall von Bethlehem war weit davon entfernt, perfekt zu sein. Die junge Maria und ihr alternder Josef mit dem über sie gekommenen Geschenk der Geburt eines göttlichen Kindes - sie waren keine Vorzeigefamilie. Sie waren auf Reisen, ohne Quartier für die Nacht, und nahmen mit dem Nötigsten vorlieb, dem Stall. Und noch heute ist das Bild der drei Personen im Stall von Bethlehem das Urbild einer Familie: sie sind ganz bei sich, sie ruhen in sich, sind sich selbst genug und genießen den Augenblick. Sie freuen sich einfach, am Leben zu sein, zusammen zu sein. Das ist der Urgedanke von Weihnachten, die Chance für jeden von uns: zur Ruhe kommen, sich selbst und seine Nächsten so wahrzunehmen, wie Gott sie uns geschenkt hat. Dann bekommt auch der Gedanke des Schenkens wieder seinen ursprünglichen Sinn zurück; nicht empfangen, sondern weggeben macht Freude. Etwas wegzugeben, an dem am besten noch das eigene Herz hängt - umso wertvoller wird das Geschenk für den Gebenden.
(Text: Ulrike Maria Haak)