Die Tage werden kürzer, Dunkelheit und Kälte greifen um sich, der Winter naht. Lichtfeste setzen wir dem unvermeidlichen Zeitlauf entgegen, die Kinder tragen Sankt Martin zu Ehren Laternen durch die Nacht, und als Höhepunkt erstrahlt der Christbaum in der Heiligen Nacht. Weihnachten, die Geburt Christi, wir feiern und beschenken uns, denn es ist die Nacht, in der das Licht auf die Welt kam. Gott wurde Mensch.
Die Einwohner eines kleinen Dorfes im Hochland von Guatemala tragen diese Gewissheit im Herzen. Sie haben die Marienstatur und das Kind auf ihrem Schoß warm eingepackt gegen die Kälte rings umher. Tücher in den lebensfrohen Farben ihrer Hochlandkultur bedecken die Bildnisse aus Stein. Die heilige Maria, Mutter Gottes, begreifen die Menschen aus dem Dorf Santiago Atitlán als das, was sie war: als Mensch, als Frau, die auch eine der ihren hätte sein können. Und die Ohren des Kindes bedeckt eine wärmende Wollmütze, ein Impuls des Schutzes, den jede Frau aus dem Dorf ihrem Säugling gegenüber ergreift. Die Menschen in Guatemala machen Maria und ihr Kind wieder zu dem, was sie in erster Linie waren: eine Frau mit einem kleinen schutzlosen Kind, das ihr anvertraut war. Ein Mensch mit Bedürfnissen und Gefühlen, die wir alle kennen.
Das soeben erschienene Poster der action 365 (Gestaltung: Gottfried Pott) hat mit diesem ergreifenden Foto aus dem Hochland von Guatemala eine Metapher dafür gefunden, wie einfach es ist, den Glauben in unser Leben zu lassen. Glauben heißt nicht, in Demut vor einem Heiligenbildnis zu beten – Glauben heißt, tätig zu werden, und wenn es nur darum geht, in naiver Fürsorge eine Statur aus Stein zu bedecken. „Gott braucht Menschen, um Mensch zu werden“ (Text: Inge Müller). Christentum kann nur existieren, wenn es Menschen gibt, die es leben. Wenn wir handeln. „So nahe ist Gott. Er wird Kind mitten unter uns, wenn wir ihn zur Welt kommen lassen, im Gewand unserer Zeit.“ Und auch diesen Winter werden wir wieder Lichter anzünden und die Wärme in die Welt tragen.
(Text: Ulrike Maria Haak)