Blick ins Weite
Meditatives Poster der action 365 zum Thema „Sommer – Fülle des Lebens“
Das Leben fällt leichter, wenn Wärme und Freude uns umgibt: die Sonnenstrahlen, die Helligkeit, die singenden Vögel im Garten – was im Frühling zaghaft begann, setzt der Sommer mit aller Macht fort. Die Natur entfaltet ungehemmt ihre ganze Pracht, verschenkt sich jeden Tag neu im „Überfluss des Schönen“, wie der Dichter Hermann Hesse es in seinem Gedicht formulierte, nachzulesen auf dem soeben erschienenen Poster der action 365 (Gestaltung: Gottfried Pott).
„AusSicht, WeitSicht, EinSicht“ ist es überschrieben und zeigt einen Blick aus dem Fenster in einen blauen Sommerhimmel, der sich über einem Haus auf einem bewaldeten Hang in der Ferne spannt. Der unverstellte Blick hinaus ins Weite öffnet die Sinne nicht nur für das Schöne, das uns umgibt. Im Genießen des überschwänglichen Naturschauspiels im Sommer schwingt zugleich der Blick nach innen mit: wir sind zurückgeworfen auf uns selbst, als kleiner Teil des unendlichen Ganzen. Der in Italien lebende deutsche Fotograf Rüdiger Waser hat durch einen kleinen fotografischen Trick diesem Empfinden Ausdruck verliehen: durch eine Doppelbelichtung ist das Bild das wir sehen nicht eines, sondern in Wahrheit besteht es aus zwei übereinander gelagerten Einzelbildern, die einmal den Blick ins Freie zeigen, einmal den Blick zurück auf das Fenster mit seinen Fensterläden.
„Das ist das Herrliche an jeder Freude, dass sie unverdient kommt, und niemals käuflich ist; sie ist frei und ein Gottesgeschenk für jedermann, wie der wehende Duft der Lindenblüte.“ Hermann Hesse, der Verfasser dieser Zeilen, genoss im späteren Leben in seinen wechselnden Domizilen im Tessin immer einen Blick auf den Luganer See. Seine durch Strenge und Kälte geprägte Jugend hatte er zuvor in dem autobiografischen Roman „Unterm Rad“ verarbeitet, Sinnbild von Unterdrückung und Verzweiflung. In der selbstverständlichen Schönheit der Natur fand der Dichter, der sich auch als Maler versuchte, schließlich Trost und Daseinsberechtigung.
(U. Haak)